(Artikel von Amelie)
Unsere Selbstwahrnehmung wird durch viele innere und äußere Einflüsse geprägt: innere Stimmen, alte Erfahrungen, Erziehung, aber auch durch die Art, wie andere Menschen auf uns reagieren. Ob wir als kompetent, freundlich oder stark wahrgenommen werden, beeinflusst unser Bild von uns selbst – oft unbewusst. Und manchmal leben wir nach Überzeugungen, die schon lange nicht mehr wahr sind.
(aus dem Buch „Komm ich erzähl dir eine Geschichte“ von Jorge Bucay)
Ein kleiner Junge besucht mit seinem Onkel den Zirkus. In der Pause betrachten sie die Tiere. Besonders fällt dem Jungen ein großer, kräftiger Elefant mit traurigem Blick auf. Er ist an einen kleinen Pflock im Boden gebunden.
Verwundert fragt der Junge:
„Warum läuft er nicht einfach weg? Er ist doch stark genug!“
Der Onkel antwortet liebevoll:
„Als der Elefant noch klein war, wurde er an einen großen, tief verankerten Pflock gebunden. Damals versuchte er alles, um sich zu befreien, aber er war zu schwach. Nach vielen vergeblichen Versuchen gab er auf. Und diese Erfahrung hat er nie vergessen. Heute wäre er stark genug, sich loszureißen. Aber er glaubt nicht mehr daran.“
Diese Geschichte berührt, weil sie so wahr ist. Viele Menschen tragen – oft unbewusst – genau solche Erfahrungen in sich. Momente, in denen sie sich machtlos fühlten. Diese Erlebnisse prägen unsere Selbstwahrnehmung oft tiefer als Erfolg oder Lob. Und sie können uns über Jahre daran hindern, unser wahres Potenzial zu leben.
Häufig hört man: „Pferde spiegeln den Menschen.“ Doch so einfach ist es nicht. Pferde sind keine Spiegel im wörtlichen Sinn. Sie sind hochsensible, eigenständige Wesen mit individuellen Charakteren. Und sie haben eine besondere Gabe: Sie lesen unsere Körpersprache, unsere Energie, unsere Absichten und innere Haltung ohne Filter, ohne Urteil, ohne Maske und reagieren darauf.
Pferde sind Herdentiere und Fluchttiere. Ihre Kommunikation in der Herde ist klar, direkt und fein abgestimmt. Ein kurzes Ohrenzucken, eine Muskelanspannung – und die ganze Herde reagiert. Diese feine Wahrnehmung hilft ihnen nicht nur zu überleben, sondern macht sie auch zu außergewöhnlichen Co-Coaches im Coachingprozess. Denn sie reagieren nicht auf das, was wir sagen, sondern auf das, was wir sind.
In einem Coaching-Setting mit Pferden ist es völlig egal, ob jemand Pferdeerfahrung hat oder nicht. Es geht nicht um Technik, also nicht darum, wie man ein Pferd korrekt führt oder anleitet. Es geht um das „Wie“:
Eine Klientin beschreibt sich als kontrolliert, organisiert und zielorientiert. Sie betritt die Koppel mit der Aufgabe, das Pferd ein paar Schritte an ihrer Seite zu führen. Das Pferd bleibt stehen. Es folgt ihr nicht. Sie wird unruhig. Versucht es mit klareren Signalen, mehr Druck, dann mit Zureden. Nichts.
Im anschließenden Gespräch erkennt sie: Sie war von Anfang an angespannt, innerlich unruhig, weil sie „alles richtig machen“ wollte. Sie hatte Erwartungen an sich und ans Pferd. Erst als sie sich erlaubte, innezuhalten, durchzuatmen und ehrlich mit sich zu sein, kam das Pferd in Bewegung. Nicht weil sie „führte“, sondern weil sie in Verbindung ging.
Pferde bringen uns in den Moment. Sie zeigen, was wir gerade sind und nicht was wir gerne wären oder wovon wir glauben, es sein zu müssen. Sie berühren uns emotional durch ihre Größe, ihre Präsenz, ihr unverstelltes Wesen.
Und genau darin liegt ihr Wert im Coaching:
In der Begegnung mit dem Pferd kann Selbstwahrnehmung neu justiert werden. Wir erleben, wie wir wirken und zwar nicht nur auf das Tier, sondern auch auf uns selbst. Und wir dürfen spüren, dass wir etwas verändern können, sei es durch unsere Haltung, mehr (oder weniger) Präsenz oder durch authentisches Verhalten.
Ob jemand sich bisher für zu laut, zu leise, zu schwach oder zu bestimmend hielt: Im Kontakt mit dem Pferd zeigen sich oft ganz andere Seiten. Manche erkennen ihre Führungsstärke, andere ihre Sensibilität. Manche bemerken, dass sie ihre Grenzen kaum spüren, andere, dass sie viel zu hart mit sich sind.
Eine Frau kommt zu mir ins Coaching. Sie steckt mitten im Burnout. Ihre Arbeit hat ihr jahrelang alles gegeben: Anerkennung, Bedeutung, Kraft, Disziplin. Diese Dinge haben sie weit gebracht und gleichzeitig erschöpft. Jetzt ist sie an einem Punkt, an dem gar nichts mehr geht.
Zu Beginn des Coachings bekommt sie die Aufgabe Herdenchef Rayo durch einen Parcours zu führen. Rayo hat eine feine Intuition. Er übernimmt die Führung, wenn er spürt, dass sein Gegenüber keine authentische Führungsperson ist.
Entschlossen geht sie los. Sie spricht mit Rayo, setzt ihre ganze Durchsetzungskraft ein, will ihn überzeugen, ihr zu folgen. Doch Rayo wendet sich ab, beginnt zu grasen und schenkt ihr kaum Aufmerksamkeit.
Je mehr sie es versucht, desto weniger bewegt er sich. Nach einigen Minuten hält sie inne. Entmutigt und erschöpft lässt sie das Seil los – ein Akt der sie große Überwindung kostet. Sie geht ein paar Schritte. Ohne Plan, ohne Druck, einfach für sich.
Plötzlich hebt Rayo den Kopf, kommt zu ihr und folgt ihr. Frei, ohne Strick, ohne Zwang, bereit, den Parcours gemeinsam zu gehen.
In diesem Moment erkennt sie: All ihre Anstrengung, alles „Machen“ und „Leisten“ ist gar nicht nötig. Rayo reagiert, als sie im Einklang mit ihrem inneren Erleben und ihrem äußeren Auftreten ist. Das Pferd zeigt ihr, dass echte Führung aus innerer Klarheit und Präsenz entsteht und dass Selbstwahrnehmung beginnt, wenn wir spüren, wie sehr unser innerer Zustand die Verbindung zu anderen prägt.
Pferde sind nicht nur Spiegel, sie sind Beziehungspartner auf Augenhöhe. Sie begegnen uns ohne Bewertung und ohne Erwartungen, aber immer mit einer klaren Reaktion. Dadurch entsteht ein Raum, den wir im Coaching nutzen können, um die Diskrepanz von Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung sichtbar werden zu lassen. Von dort aus gehen wir dann den ersten Schritt in Richtung Veränderung, neue Erfahrungen und Wachstum. Selbstbild und Fremdbild kommen in Einklang. Präsenz wird spürbar. Vertrauen in sich selbst kann wachsen.
Pferdegestütztes Coaching ermöglicht intensive Momente der Selbsterkenntnis – jenseits von Sprache, Konzepten oder Richtig und Falsch. Es geht nicht darum, etwas zu tun, sondern sich zu zeigen und zu erleben, was passiert, wenn wir ehrlich bei uns sind.
Das Pferd folgt nicht deiner Hand, sondern deiner inneren Haltung und genau deshalb öffnet pferdegestütztes Coaching den Raum für echte Selbstwahrnehmung.
Hier findest du einen Überblick über unsere Coaching Angebote und über die Retreats auf Mallorca, die wir anbieten. Vielleicht holt dich thematisch etwas davon ab. Dann melde dich gern bei uns!
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